Sterbefasten bei jungen Menschen
Etliche Professionelle Sterbefastenbegleitende glauben, dass Sterbefasten nur bei alten oder lebensterminierend erkrankten Menschen funktionieren kann. Meine Erfahrungen sind hingegen so, dass es auf die Einstellung der sterbenden Person ankommt.
Es gibt im Körper diverse Mechanismen, die im Alter Abläufe verlangsamen und Bedürfnisse einschlafen lassen. Die Durstwahrnehmung wird weniger, Hunger ist oft nur sehr milde zu spüren – beides erleichtert Sterbefasten .
Sterbefasten bei 30– 40– 50– 60-jährigen
Wer sich in jungen Jahren mit Sterbefasten beschäftigt, ist verzweifelt und reflektiert die eigene Situation. Wer nach einer Trennung jetzt plötzlich keine Lebenskraft mehr hat, begeht vielleicht spontan einen Suizid(-Versuch), aber Sterbefasten ist nicht einfach mal so eben spontan durchzuführen.
Ich möchte unten aufzeigen, warum ich glaube, dass Sterbefasten auch für jungen Menschen geeignet ist.
Nach meinen bisherigen Erfahrungen kommt es nicht auf das morphologische Alter an, wenn es um das Sterben geht, sondern um die Einstellung.
In meinen bisherigen Begleitungen konnten die Menschen erst dann sterben, wenn sie das Sterben für sich zugelassen und tief innen akzeptiert haben. Ich habe eine Patientin begleitet, die quasi mit dem Fuß aufstampfend gesagt hat „ich will jetzt aber sterben“ und das sehr vehement und über lange Tage.
Ich habe immer wieder gesagt, sie müsse „In der Zuversicht sein, und nicht mehr wollen“. Irgendwann hat sie mit weinender Stimme gesagt: „Ich gebe auf. Ich möchte doch nur Sterben“. Und sie starb.
Und so kennen auch fast alle Menschen, mit denen ich darüber rede, jemanden, der erst starb, nach dem das Warten auf eine letzte Begegnung oder ein wichtiges Ereignis vollendet war.
Mein Opa wartete mit dem Sterben, bis meine Cousine aus dem Urlaub zurückkam.
B. hat mit dem Sterben pausiert, bis ich gesagt habe „B., wenn Sie noch bei mir sterben wollen, muss das heute sein. Morgen kommt eine neue Pflegerin.“ Er starb um 23.27. Uhr
Meine Uroma starb gegen 11:oo, nachdem ihr Mann in der Nacht verstorben war und der Bestatter um 11:oo kommen sollte.
Und so teile ich meine Erfahrung mit vielen Menschen: Sterben ist dann, wenn ICH soweit bin. Unfälle und Gewalttaten sind da natürlich nicht mit gemeint.
Und damit zurück zur Frage: Kann ich als junger Mensch Sterbefasten sicher und gut durchführen? Ja.
Und wer von denen da draußen weiß, wie verzweifelt oder mutlos und erschöpft ich innen bin. Und wenn ich mein Leben am Ende sehe, dann habe ich auch die Kraft, aufzuhören zu leben. Und da bei mir die altersbedingten morphologischen Prozesse noch nicht gestartet sind, ist es mühsamer, das Sterbefasten durchzuhalten.
Und ja, wenn noch mehr Leben in mir ist, ist die Entscheidung zum Abbrechen des Sterbefasten viel schneller gefallen, und wenn das „FastenHigh“ bei jungen Menschen auftaucht, ist da oft der Lebenswille zu laut und der Abbruch des Sterbefasten wird wahrscheinlicher.
Der Prozess des Sterbefasten ist für mich in der Begleitung oft das Ergebnis von „So kann ich nicht leben!“, und damit taucht dann für mich als Begleiter auf: „Wie denn dann?“ Und dann ist die Überlegung, eine korrigierende Operation mit einer anschließenden einjährigen Reha einzugehen, bei einem 76jährigen anders zu sehen als bei einem 34jährigen. Immer aus der Sicht der betroffenen Person, also aus deiner Sicht. Ich trauere um jede Person, mit jeder Person, mit jedem Dorf – egal wie alt oder krank!